Wer dieses Jahr beim Rudolstadt-Festival war, konnte am Samstag (06.Juli 2024) 19 Uhr ein Orchester aus jungen Menschen auf der Markt-Bühne erleben, die leidenschaftlich und voller Begeisterung spielten: das Jugendfolkorchester.
Als Lehrerin einer teilnehmenden Schülerin bin ich beeindruckt, was in fünf Tagen Probenzeit entstanden ist und wie sich die jungen Musikerinnen und Musiker mit den fabelhaften Dozenten und Team präsentierten.
https://www.jugendfolkorchester.de/
Danke Amelie für deinen mutigen Schritt dich zu bewerben, dein großartiges Spiel und danke, dass ich dich so intensiv begleiten darf!
Mit den Worten meiner Schülerin Amelie Kämnitz:
„Meine Erfahrung beim Jugendfolkorchester
Meine Name ist Amelie Kämnitz (17 Jahre) und ich habe dieses Jahr am Jugendfolkorchester teilgenommen. Es war eine wahnsinnig tolle Erfahrung, über die ich jetzt ein wenig berichten möchte.
Ich spiele seit 2013 an der Musik- und Kunstschule Jena Klarinette, was in mir eine Leidenschaft ausgelöst hat und mir schon viele schöne Erlebnisse und nette Begegnungen geschaffen hat. Meinen ersten Unterricht erhielt ich von Fritz Gottfried. Er lernte mir die
ersten Grundbausteine und brachte mir das Instrument näher. Seit 2019 nehme ich nun Unterricht bei Antje Taubert, die mich in das „Musikgenre“ Klezmer einführte. Sofort hat mich diese Musik begeistert und ich habe viel Freude daran diese Melodien zu spielen. Vor allem die Vielseitigkeit und Individualität der Musik haben mich gepackt. Durch den abwechslungsreichen Unterricht von Antje Tauber und ihrem
weitreichendes Wissen konnte ich viel über die Hintergründe der Klezmer-Musik, der Tänze und der hebräischen Sprache erlangen. In den letzten Jahren habe ich so eine große Zahl an Liedern nach Gehör gelernt, Menschen beim Tanzen musikalisch begleiten dürfen und gelernt, wie man Musik interpretieren und verzieren kann. Leider ist diese Musik vor allem unter jungen Menschen noch nicht so verbreitet und bekannt. Ich hoffe und wünsche mir sehr, das diese zauberhafte Welt voller Freude, Tanz und Musik durch Projekte wie zum Beispiel dem „Yiddish Summer Weimar“ mehr Gehör bekommen.
Vor ungefähr einem Dreivierteljahr habe ich nun die Chance bekommen die Bassklarinette zu spielen. Ich darf sie von der Musik- und Kunstschule Jena ausleihen, was mir dies erst ermöglicht. Mit diesem Instrument hat sich mir eine neue Klangwelt eröffnet, die mich immer wieder verzaubert. Ich kann sie im Klezmer-Ensemble (Anm.: Donnerstags 18:30 Uhr-19:15 Uhr MKS Jena), welches ebenfalls von Antje Taubert geleitet wird, einsetzen.
Im Herbst 2023 kam Antje Taubert auf mich zu und fragte mich, ob ich mich für das neu gegründete Jugendfolkorchester bewerben
möchte. Dies habe ich mit viel Neugierde und Lust getan. Mit Videos habe ich mich mit der B-Klarinette und der Bassklarinette beworben und habe die Chance bekommen teilzunehmen. Nach der Bestätigung, dass ich Mitglied wurde, bekamen wir die Stücke, welche wir dann nach Gehör und teilweise mit Hilfe von Noten lernten. Nach intensiver Vorbereitung traf sich das Orchester erstmals. Wir verbrachten gemeinsam die Woche vom 30.06.-07.07.2024 im Allianzhaus Bad Blankenburg und probten. Ab dem ersten Tag an benutzten wir keine Noten, was dem Spielen ein gewisses Stück Freiheit verlieh. Mit der tollen Leitung von den Referent*innen Sabrina Palm, Alex Froitzheim, Jürgen Treyz und Gudrun Walther haben wir die Stücke arrangiert und geübt. Besonders toll fand ich dabei, dass auf jedes Instrument geachtet und es einmal hervorgehoben wurde, so dass am Ende jedes Instrument mal in den Vordergrund gestellt wurde. Es war zu spüren, dass alle mit der gleichen Motivation ein Ziel verfolgten, eine Leidenschaft teilen und viel Freude dabei haben. Innerhalb des Orchesters und mit den Dozent*innen waren wir auf Augenhöhe und jeder konnte Vorschläge einbringen.
Anders wie einige andere war ich mit der Folk-Musik noch nicht so vertraut und habe sie das erste Mal in vollen Zügen erleben dürfen. Ich konnte sehr viel lernen. So gab es auch einen kleinen Vortrag über die Familie Dahlhoff aus Deutschland, die über 800 Stücke niedergeschrieben hat. Unter anderem aus dieser Sammlung haben wir einige Tunes gespielt. […]
Tag für Tag kamen die Konzerte näher und die Sets nahmen Form an. Am Samstag um 19.00Uhr war es auf der Marktbühne soweit.
Die Aufregung war bei allen zu spüren und und wir betraten mit Vorfreude die Bühne. Nachdem die ersten Töne erklangen, legte
sich bei mir die Nervosität und ich habe das gemeinsame Spielen einfach genossen. Am Sonntag durften wir dies noch einmal erleben. 16.30 Uhr begannen wir auf der Heidecksburg zuspielen. Es war ein unglaubliches Gefühl die Arbeit von mehreren Wochen üben und einer Woche gemeinsames proben, vor einem zahlreich erschienenem Publikum zu spielen.
Während der beiden Konzerte machte Steffen Wutzke für uns die Technik und den Sound. Nachdem wir am Sonntag von der Bühne abgingen, lag Erleichterung, Freude und Lust auf mehr in der Luft.
Leider war es auch der Zeitpunkt, an dem wir uns von vielen verabschieden mussten, die wir in dieser sehr intensiven Woche liebgewonnen haben. Das war ein Teil, der uns allen schwer gefallen ist. Eine Weile lagen wir uns in den Armen und haben uns das Versprechen gegeben,
dass wir und nächstes Jahr wiedersehen. Freudentränen über das, was wir geschafft und auf die Beine gestellt haben, mischten sich mit denen der Trauer, darüber, dass es jetzt vorbei sein sollte. Doch überwog die Freude und Euphorie.
Zurückblickend kann ich sagen, dass ich mit ganz vielen positiven Gefühlen und Erinnerungen an diese Zeit aus dem Projekt Jugendfolkorchester gehe. Ich habe fantastische Menschen, neue Instrumente und eine wundervolle Musikrichtung kennengelernt. Ich konnte mein Wissen erweitern und vor allem auf der Bassklarinette meine Fähigkeiten steigern. Es war auf ganz vielen Ebenen bereichernd und noch immer fehlen mir die Worte um das ganze Ausmaß meiner Erlebnisse und Gefühle zu schildern. Ich weiß nur, das diese Zeit noch lange in mir nachhallen wird und ich den Folk weiter verfolgen werden, sei es auf Festivals mit meinen Instrumenten oder auf Tanzabenden.
Für die Zukunft würde ich mir wünschen, ein weiteres Mal an diese Projekt im Jugendfolkorchester teilzunehmen. Zu dem hoffe, ich dass die Folk – sowie Klezmer-Musik mehr Gehör in der Öffentlichkeit bekommt. Dies war auch ein Ziel dieses Projektes. Bisher ist der Folk noch recht unbekannt und auch nicht im Studium als Fach belegbar. Das soll sich ändern. Zunächst scheinen die Noten von Klezmer und Folk Stücken für viele Menschen, die noch keine Berührungspunkte damit hatten, unscheinbar. Oft wird die Community, die diese fabelhafte Musik spielen oder sich mit der Kultur dessen auseinander setzten belächelt. Doch lässt man sich darauf man kann einem eine Welt voller zauberhafter Klänge, Tänzen, einem tollen miteinander und unvergesslichen Erlebnissen eröffnet werden. So ist es beim Jugendfolkorchester und beim Klezmer-Ensemble. Ich würde mir sehr wünschen, dass diese Themen in der Schule eine Rolle spielen und behandelt werden und auch an Orten wie der Musik- und Kunstschule öfter vertreten sind. Für viele Organisator*inne von Orchestern oder
ähnlichem ist es schwer finanzielle Unterstützung oder auch Räume zu finden. Es gibt viele Nischen in der Musik und diese sollten auch gefördert werden, so wie es bei der Klassik schon lange der Fall ist.
Projekte wie das JFO wären ohne Menschen und Träger, die sich dafür einsetzen nicht möglich. Aus diesem Grund möchte ich jetzt noch einmal meinen Dank aussprechen. Zunächst geht dieser Dank an Antje Taubert, die mich auf das Jugendfolkorchester aufmerksam machte, mir bei der Vorbereitung half, mich über die ganze Zeit begleitete und mir an den Konzerttagen Beistand leistete.
Zum Weiteren möchte ich mich bei Gudrun Walther, Jürgen Treyz, Alex Froitzheim und Sabrina Palm bedanken, die sich im Vorhinein viel Zeit genommen haben, um das ganze Projekt zu organisieren, uns alles beigebracht haben und für alle Probleme eine Lösung hatten. Sie haben eine Atmosphäre auf Augenhöhe geschaffen und die Proben sehr angenehm gestaltet. Dazu gehören auch Susan Coreman und Simon Pfisterer, die immer für gute Laune sorgten und uns bei abendlichen Sessions mit ihrer Musik bereichert haben. Ein weiterer Dank geht an Steffen Wutzke, der für einen großartigen Sound auf der Bühne und viele Hintergrundinformationen sorgte. Damit so viele musikbegeisterte Jugendliche auf der Bühne stehen und zuvor eine Woche gemeinsam proben können braucht es finanzielle Mittel. Dabei haben uns die Egerland Stiftung und die deutsche Orchesterstiftung als Sponsoren und Profolk als Träger unterstützt. Ohne diese Institutionen wäre all das nicht möglich gewesen. So ist es auch toll das wir von Rudolstadter Festival eine Bühne bekommen haben, um unsere Musik zu präsentieren.
Ich hoffe, mit diesem Text konnte ich einen kleinen Einblick in eine wunderbare Welt und ein tolles Erlebnis geben und Interesse daran wecken. Es lohnt sich hinzuschauen und neue Dinge auszuprobieren. Sehr gerne würde ich nächstes Jahr wieder teilnehmen und freue mich auf die kommenden Projekte und Festival auf denen ich hoffentlich auch einige vom Jugendfolkorchester wieder sehe.“
unterstützt von der https://orchesterstiftung.de/